Bild: SchülerInnen des Joseph-Haydn-Realgymnasiums beim Wiener Kathreintanz 2022 im Palais Ferstel, Foto: Peter Zeschitz
Biografie:
Der Nickeltanz ist ein Gruppentanz in der Kolonne, bei dem drei Paare miteinander tanzen. Ob Ländler, Polonaise, Kontratanz oder Cotillon – die bestimmenden Figuren des vorliegenden Tanzes findet man in den Choreographien vieler europäischer Tänze des 19. Jahrhunderts. In älteren Quellen werden die wellenartigen Bewegungen des Nickeltanzes mit Meeresbewegungen in Verbindung gebracht. So scheint der Tanz auch in Leibrandt Reinhard Ostpreußischer Fischertänze von 1928 auf. Darauf beziehen sich Herbert Lager und Hilde Lager Seidel auch in der Tanzanleitung zum Nickeltanz aus der Sammlung „Alte Tänze für junge Leute – Europäisches Tanzgut für die Gestaltung neuer Geselligkeit.“ herausgegeben von der Bundesarbeitsgemeinschaft Österr. Volkstanz 1973.
Tonaufnahme:
2015 wurde diese Publikation von 1973 mit dem neuen Titel „Alte Tänze für junge Leute – europäische Formen für das gesellige Tanzen“ unter der Leitung von Else Schmidt von der Bundesarbeitsgemeinschaft Österreichischer Volkstanz überarbeitet. Dabei entstand neben Tanzbeschreibung und Noten auch eine Doppel CD mit 33 Tanznummern u.a mit dem Nickeltanz mit Helmut (Akkordeon) und Maria Stippich (Kontrabass), Eva Fandl (Querflöte) Hamidreza Ojaghi (Daireh). Die MusikerInnen wurden dafür eingeladen mit dem Material zu spielen und zu improvisieren. So wollte das Redaktionsteam den stetig durch Zeit, Gesellschaft, Stil und Regionen wandernden Stücken gerecht werden.
Video:
Im Video sind die SchülerInnen des Joseph-Haydn-Realgymnasiums in Wien 5 zu sehen. Die Tanzenden halten sich nicht an den Händen, sondern es werden wie im Video Kordeln eingesetzt oder auch Tücher, am Zipfel gehalten. Das bietet für die Tanzenden etwas mehr Bewegungsfreiheit oder Abstand (aus Corona oder anderen Gründen). Ebenso kann man den Tanz auch mit normaler Handfassung ausführen.
Hauptfigur des Tanzes ist die „Welle“, bei der abwechselnd ein Tor gebildet wird oder durch das Tor getanzt wird. Die beiden dazwischen liegenden Figuren sind das „kleine und das große Fenster“. Im ganzen Tanz soll es kein Stillstehen, sondern einen durchgängigen, gleichmäßigen Bewegungsfluss geben.
Projektbeschreibung:
Gruppentänze eröffnen den Tanzenden Formen der Kommunikation durch vermehrt spielerische Elemente, die Spaß bieten. Else Schmidt, Musiklehrerin am Haydngymnasium in Wien und als Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Volkstanz Wien und Österreich kennt das Potential von Tänzen für die Gemeinschaftsbildung aus unterschiedlichen Perspektiven. Auf Basis ihrer oben beschriebenen Arbeit zur Publikation „Alte Tänze für junge Leute“ hat sie daher diesen Tanz mit einigen ihrer SchülerInnen einstudiert.
Als Schritte werden ausschließlich Laufschritte gewählt, die, wie im Video zu sehen, die SchulerInnen in verschiedenen Tempi tanzen. Es gilt dabei die eigene Haltung und eine gewisse Spannung, sowie die Abgleichung mit dem Partner zu spüren, ebenso auf die Ausrichtung innerhalb der Gruppe und im Raum zu achten. Methodische Schritte sind das räumliche Erfassen, dann die weiche, regelmäßige Bewegung und die Korrelation zur Musik. Bei den Figuren „kleines und großes Fenster“ ist die Koordination und Motorik gefragt, ebenso das Hören auf die musikalische Form, um zeitgerecht wieder die Welle tanzen zu können. Gilt es doch am Ende wieder am eigenen Platz angelangt zu sein.
Else Schmidt erweiterte und adaptierte mit den SchülerInnen im Laufe des Schuljahres den Tanz. So kam dieser in Folge im November 2022 im Rahmen der Eröffnungschoreographie des 71. Wiener Kathreintanzes, Ball der Österreichischen Tänze im Wiener Palais Ferstel zur Aufführung. Für viele der SchülerInnen war das eine erste Möglichkeit die Wiener Balltradition kennen zu lernen.
- Tonbeispiel
- Alte Tänze für junge Leute Ausgabe 1973
- Else Schmidt: Alte Tänze für junge Leute – Klangbilder Artikel in: Jahrbuch des Österreichischen Volksliedwerks Band 71/2022
- Nicola Benz: Woher – Warum – Wohin? Zur Quellen- und Rezeptionsgeschichte von Herbert Lagers und Hilde Lager-Seidls “Alte Tänze für junge Leute” (1973-2015) in: Tanzreflexionen 3/2018.
- Ostpreußische Fischertänze