Und i liaß ma koa Landstraßn baun

Bild: Bei der Feldforschung im Lammertal.

Liedbiografie:

Das vorliegende Gstanzllied zeigt beispielhaft, die bei vielen Volksliedern auszeichnende textliche Mehrdimensionalität, die letztlich sehr viel Interpretationsspielraum offen lässt. Auf den ersten Blick und nach heutigen Bezügen gemessen könnte man die erste Strophe – vor allem beim spontanen Singen ist oft nur diese bekannt – als Aufforderung zum Naturschutz bzw. als Plädoyer für die Erhaltung kraftfahrzeugfreier Almlandschaften verstehen.

1926 wurde dieses Lied zum ersten Mal von Otto Eberhard, einem Salzburger Volksliedsammler, im Tennengau aufgezeichnet. Sicher mag in jener Zeit, als die Verklärung des „Ländlichen” gegenüber der als negativ erachteten „Großstadt” durchaus im Trend lag, auch der Gedanke eines abgeschlossenen, geschützten Refugiums gebirgiger Idylle im Raum gestanden haben. Auf anderer Ebene ist die Alm allerdings ein Synonym für die Liebe, die man – auf schmalen, gefährlichen Pfaden wandernd – erst mühsam erlangen muss. Wie weit diese Interpretation für Eberhards Aufzeichnung gültig sein kann, ist allerdings fraglich – hier handelt es sich vielmehr tatsächlich um ein „Schnaderhüpfl” in dem Sinn, dass mehrere Strophen hintereinander gesungen werden, die nicht unbedingt eine zusammenhängende Geschichte ergeben. In seiner Handschrift ist ein stark erotisches Element vorhanden, ausgedrückt in dem „mahlenden” Müller, dem Posthorn und dem Eier schlagenden Bäcker.

Während die erste Strophe in vielen Varianten gleich bleibt, sind die Folgestrophen oftmals unterschiedlich. Neben dieser Salzburger Aufzeichnung und anderen, gibt es eine erst Jahre später schriftlich fixierte Version als Liebeslied mit Abschiedthematik – nur der „Richtige” kann das Steiglein finden und als er schließlich verschwindet, hinterlässt er ein gebrochenes Herz. Große Verbreitung erfuhr diese Fassung unter anderem durch die populären Liederbücher, hier aus „Singende Jugend”, herausgegeben 1948 vom Katholischen Jugendwerk Österreichs.

Tonaufnahme:

Die hier von Katharina Schilchegger und Christine Pölzleitner gesungene Fassung wurde 2001 im Rahmen einer Feldforschung, durchgeführt in Annaberg-Lungötz im Lammertal, aufgezeichnet. Auch wenn das Lied bereits 1926 das erste Mal erfasst wurde, so waren die beiden Sängerinnen der Meinung, dass das Lied aus ihrer Feder stamme. Diese Annahme vermutet eine starke Identifizierung mit dem eigenen Liedergut.