Zu Steinbach im friedlichen Orte

Bild: Steinbach bei Steyr OÖ. vor 1842, kollorierte Zeichnung.

Liedbiografie:

Dieses Lied zählt zu den Moritaten – einer Liedform, deren Bezeichnung sich von „Mordtat“ ableitet und zu einer Sonderform des Bänkelgesangs gehört. Solche Lieder, deren Inhalt Diebstähle, Morde und andere grausame Taten zum Gegenstand haben, wurden vielfach auf Jährmärkten und ähnlichen Veranstaltungen zur Unterhaltung vorgetragen. Üblicherweise stand der Vortragende auf einem hölzernen „Bänkel“, aus dem sich die Bezeichnung Bänkelsänger ableitete. Dieser veranschaulichte gekonnt seine Erzählung mit einer Bildtafel. Dem Vorsänger war es auch gestattet, Flugblätter für diesen Zweck anzufertigen und zu verkaufen, die „ausführlich“ die Mordtat beschrieben, alle Strophen und Illustrationen sowie Tugendlehren beinhalteten. Besonders in Städten waren die Flugblätter sehr beliebt und verbreiteten sich schnell. Nicht verwunderlich ist die Beliebtheit, da ein Grossteil der Bevölkerung nicht lesen und schreiben konnte und dieses Medium Nachrichtenübermittlung, Belehrung und Sensationslust in einem bündelte. Begleitet wurde der Sänger meist von einer Drehleier, einem Leierkasten oder ähnlichen Instrumenten.

In diesem Moritat mit dem Anfang „Zu Steinbach im friedlichen Orte, ergab sich ein schrecklich’s Geschick!“ wird in zwölf Strophen über den grausamen Mord an dem etwa 14-jährigen Sohn des Messerverlegers (heute gleichzusetzen etwa mit dem Eisenwarenhändler) Joseph Hönig zu Steinbach (bei Steyr) berichtet. Der Mord geschah am 03.03.1819 durch seinen Sprachmeister, Ribeth, der sich daraufhin selbst die Adern aufschnitt. Die Nachricht des verübten Mordes wurde wahrscheinlich kurz darauf mittels dieses Flugblattes verbreitet.

Das Lied wurde ohne Melodie aufgezeichnet, es entspricht in Takt und Versmaß jedoch dem bekannten Kinderlied „Ich geh mit meiner Laterne“. Angepasst an den Inhalt der Mordtat ist dieses Lied in traurig wirkendem Moll gehalten, während „Ich geh mit meiner Laterne“ in der fröhlicher wirkenden Durtonart gesungen wird.

Erste Text- und Melodiezeilen zu „Ich geh mit meiner Laterne“ lassen sich bereits in der Wiener Singspielnummer „Die falsche Prima-Donna in Krähwinkel“ (Text: Adolf Bäuerle, Musik: Ignaz Schuster) des frühen 19. Jahrhunderts nachweisen. Verbindungen gibt es auch zu seit Mitte des 19. Jahrhunderts aufgezeichneten Liedern, die beim norddeutschen Kinderbrauch des spätsommerlichen Laternengehens gesungen wurden. Mit dem Aufkommen der Martinumzüge durch Kindergärten und Schulen Mitte des 20. Jahrhunderts entstand dann die dazu passende, heute im ganzen deutschen Sprachraum bekannte, Fassung.